Warum ist das Rauchen aufhören so schwer?
Triftige Gründe für einen Rauchstopp gibt es viele: Aspekte des täglichen Lebens, der Geruch an Kleidung oder Händen oder die Angst, die Gesundheit irreversibel zu schädigen. Diese Bedenken sind berechtigt, denn die Wahrscheinlichkeit, dass eine lebenslang rauchende Person vorzeitig an den Folgen des Rauchens stirbt, liegt bei etwa 50 Prozent.
Tabakabhängigkeit: Giftstoffe und die Rolle von Nikotin
Das Rauchen von Zigaretten ist die Hauptursache für die Entstehung von Krebserkrankungen, Herz-Kreislauf- und Lungenerkrankungen – die Folgen der jahrelangen Aufnahme von mehr als 4.000 Giftstoffen pro Zigarette sind. Eine der bekanntesten Substanzen die im Zigarettenrauch enthalten ist, ist das Nikotin. Was viele nicht wissen: Nikotin ist zwar suchterzeugend, jedoch fast nie beteiligt an der Entstehung von Erkrankungen, die auf das Rauchen zurückzuführen sind. Diese werden hauptsächlich durch die zahlreichen Giftstoffe der Tabak Verbrennung hervorgerufen.
Vielmehr ist Nikotin einer der Gründe, warum Raucher:innen immer wieder zur Zigarette greifen. Das zeigt auch eine Studie aus den USA: 70 Prozent geben an, mit dem Rauchen aufhören zu wollen und jedes Jahr hören 40 Prozent mindestens für einen Tag lang damit auf. Innerhalb des ersten Monats erleiden 80 Prozent bereits einen Rückfall in die Sucht und jedes Jahr gelingt der Rauchstopp nur drei Prozent.
Nikotin wird beim Rauchen von Zigaretten am effizientesten über die Inhalation in die Lunge aufgenommen. Nach der Resorption über das großflächige Lungengewebe gelangt es von dort aus direkt in den Blutkreislauf. Die Substanz erreicht innerhalb von zehn bis 20 Sekunden das Gehirn. Es gilt: Je schneller das Nikotin dort ankommt, desto größer sind das ausgelöste Wohlempfinden und das suchterzeugende Potenzial.
Körperliche und psychische Herausforderungen beim Rauchstopp
Die Tabakabhängigkeit, wie auch alle anderen Formen der Sucht, besteht aus einem Zusammenspiel von zwei Komponenten. Zum einen spielen körperliche (physiologische) Aspekte eine Rolle, zum anderen ist auch das erlernte oder konditionierte Verhalten (psychologisch) von großer Bedeutung. Um erfolgreich rauchfrei zu sein, ist es hilfreich, sich der dahinterstehenden Mechanismen in Körper und Psyche bewusst zu werden.
Körperliche Abhängigkeit – Botenstoffe sorgen für positive Gefühle
Entscheidend für die physische Abhängigkeit ist die Wirkung des Nikotins im Gehirn: Es bindet an nikotinsensitiven Rezeptoren von Nervenzellen im Belohnungszentrum des Gehirns, was zur Freisetzung von Dopamin führt. Dopamin ist einer der Botenstoffe, der die Kommunikation zwischen Nervenzellen ermöglicht und positive Gefühlserlebnisse, wie Wohlgefühl bzw. Gefühl von Beruhigung, bewirkt. Dies ist der erste Schritt in die Abhängigkeit, denn das Erleben dieses Wohlgefühls führt dazu, dass die Person wieder zur Zigarette greift. Als Reaktion auf die wiederholte Nikotinzufuhr nimmt im Gehirn die Anzahl der Bindungsstellen auf den nikotinsensitiven Rezeptoren zu, es kommt zu einer Toleranzentwicklung.
Die Menge des Nikotins, die beim täglichen Rauchen aufgenommen wird, führt zu einer nahezu vollständigen Sättigung der Rezeptoren. Jede Zigarette führt zu einer konstanten Nikotin-Konzentration im Blutplasma und verhindert so das Auftreten von Entzugserscheinungen. Symptome des Entzugs machen sich bei den Rauchenden in rauchfreien Phasen bemerkbar, da der Körper unmittelbar nach dem letzten Zug mit dem Abbau des Nikotins beginnt. Dies hat zur Folge, dass Bindungsstellen nicht mehr mit Nikotin besetzt sind – es entwickelt sich ein erneutes Rauchverlangen, das im nächsten Schritt mit dem Rauchen einer Zigarette befriedigt wird.
Neben dem Nikotin sind auch weitere Bestandteile des Zigarettenrauchs für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Tabaksucht zuständig. Kondensationsprodukte im Zigarettenrauch, sogenannte Monoaminooxidase-Hemmer, verlangsamen die Spaltung von Botenstoffen wie Dopamin, was das Abhängigkeitspotential des Zigarettenrauchs verstärkt.
Bei einem Nikotinentzug wird das Glückshormon Dopamin weniger stark ausgeschüttet, die positiven Gefühle bleiben aus. Es entstehen zudem Angst- und Stressempfindungen, die starke Anreize für einen Rückfall darstellen. Die daraus resultierenden negativen Empfindungen sind zusätzlich auf die Aktivität von neuronalen Netzwerken zurückzuführen, die auch in Stressreaktionen aktiviert werden. Der auf Entzug sich befindende Raucher, resigniert oft und unterbricht den Rauchstoppversuch. Es kommt zu einem Rückfall.
Psychische Abhängigkeit – die neuronalen Aspekte im Gehirn
Gleichzeitig zu der durch Nikotin verursachten Dopaminausschüttung im Belohnungszentrum werden auch Bereiche des Gehirns aktiviert, die an Lernvorgängen beteiligt sind. Das Fatale daran: Rauchen und dessen als positiv wahrgenommene Wirkung werden mit bestimmten Situationen (die Tasse Kaffee am Morgen, ein gutes Essen mit Freunden) sowie Handlungen im Zusammenhang mit dem Rauchen (das Entnehmen der Zigarette), Sinneswahrnehmungen beim Rauchen (Geruch, Geschmack, Gefühl des Rauchs im Hals) und mit emotionalen Zuständen (Stress, Traurigkeit) in Verbindung gebracht.
Das wiederholte Erleben solcher Situationen, verändert neuronale Verbindungen im Gehirn, sodass eine langanhaltende Konditionierung auf diese Reize entsteht und es zu einer psychischen Abhängigkeit kommt. Der Wunsch zu rauchen wird zum Teil durch solche Konditionierungen aufrechterhalten.
Raucher:innen, die einen Rauchstopp-Versuch unternehmen, verspüren einen intensiven und wiederkehrenden Drang des erneuten Griffs nach einer Zigarette. Es kommt erneut zur Aufflammung der Tabaksucht. Dieses Gefühl bleibt auch noch lange nach Abklingen der Entzugserscheinungen bestehen und wird immer wieder durch bestimmte Stimmungen, Situation oder externe Faktoren, die mit dem Rauchen assoziiert werden, ausgelöst. Sollten diese neuronalen Verbindungen im Gehirn nicht nachhaltig durch eine Verhaltens- und Identitätsveränderung aufgebrochen werden, ist dies meist der Grund, warum Raucher:innen oft nach Monaten oder Jahren erneut rückfällig werden.